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Nachgefragt bei Michèle Froidevaux

Vielseitigkeit, Offenheit und Neugier prägen Michèle Froidevaux, die in Zürich ein Goldschmiedeatelier führt und sich in der Bildung engagiert.

Michèle, wie ist das Pandemiejahr für dich gelaufen?

Eigentlich ganz gut. Als der erste Lockdown kam, musste ich zwar ebenfalls leer schlucken, aber es wurde mir schnell bewusst, dass ich mir zum ersten Mal eine Auszeit gönnen werde. Also habe ich mich vermehrt meiner Familie, dem Haushalt und dem Garten gewidmet. Doch so richtig in die alte Rolle der Hausfrau schlüpfen, war nicht meine Idee. Also teilten wir die Arbeiten auf und es war richtig schön, wieder mal dauernd zu viert zu Hause zu sein. Wegen meiner beruflichen Zukunft musste ich mir keine Sorgen machen, denn ich habe mir in den vergangenen Jahren ein kleines Polster zulegen können und meine treuen Kunden haben sich auch immer wieder gemeldet. Einige haben sich sogar anstelle einer Reise ein Schmuckstück geleistet.

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Du leitest ein CAS-Studium und andere Kurse für Schmuckhersteller bei der Migros Klubschule. Gab es dort auch eine Pause?

Eigentlich schon aber die Kursteilnehmer, die nicht warten wollten, habe ich online betreut. Ich unterrichte seit acht Jahren und habe meine Schülerinnen und Schüler vermisst.

Was treibt dich am Morgen an, um ins Atelier zu gehen?

Dazu brauche ich keine besondere Motivation. Ich fühle mich dort wohl und freue mich auch immer auf den Austausch mit meiner Kollegin Franziska Gnos, mit der ich das Atelier teile.

Was steht auf deiner Werkbank, das für die Fertigung von Schmuckstücken nicht relevant ist?

Ich bin kein Sammlertyp und habe es gerne aufgeräumt. Aber zwei Sachen stehen trotzdem dort: Ein Lavendelstäbchen, das herrlich duftet, wenn man draufdrückt und das mich an Südfrankreich erinnert und ein alter Silberlöffel, den ein Maulwurf im Garten meines Elternhauses ausgegraben hat. Für mich ist das ein wertvolles antikes Stück, das mich an meine Heimat, die Kindheit und an meine erste Stelle bei Silberschmied Spitzbarth in Zürich erinnert. Vielleicht mache ich mal ein Schmuckstück daraus.

Was gefällt dir am Goldschmiede-Handwerk am besten?

Die Vielseitigkeit. Auch wenn man schon tausend Mal gelötet hat, wird es nie langweilig. Dann sind es die Eigenschaften der verschiedenen Metalle und anderer Materialien, die Legierungen und die Techniken, die mich faszinieren. Die physikalischen Prozesse verstehe ich und trotzdem kommt es mir immer wie ein Wunder vor, wie durch Hitze aus verschiedenen Metallen etwas Neues entsteht.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Ich liebe schlichte, klare Formen. Wenn ich jedoch ein Schmuckstück mit einer Kundin zusammen entwickle, die etwas anderes im Kopf hat, so passe ich mich natürlich an. Meine eigenen Kollektionen sind aber immer schlicht und klar.

 Was kannst du besonders gut?

Ich bin vielseitig und tanze auf verschiedenen Hochzeiten, arbeite im Atelier, gebe Kurse, schreibe Lehrgänge und betreue die Westschweizer, die an der Schweizer Goldschmiede-Meisterschaft mitmachen. Die vielen Tätigkeitsfelder können dazu führen, dass nicht alles immer perfekt ist. Und trotzdem würde ich mich als „kleine“ Perfektionistin bezeichnen – was mir zugutekommt.

Begleitet dich ein Lebensmotto?

Wenn nicht alles rund läuft, sollte man akzeptieren was nicht zu ändern ist und das Beste daraus machen. Positive Gedanken sowie nie die Neugier und Offenheit zu verlieren sind mir wichtig.

 Zum Schluss darfst du wünschen, wen wir in dieser Serie als Nächstes befragen sollen.

Da denke ich an Peter Nydegger, mit dem ich seit meinen Anfangszeiten in Zürich befreundet bin. Er hat ein Atelier und unterrichtet CAD-Zeichnen an der Schule für Gestaltung in Zürich. Wenn wir uns treffen, können wir es nie kurzhalten – dafür ist der Austausch über unsere Erfahrungen viel zu spannend.