Gold’Or: Herbert Wirz, was treibt dich an, wenn du am Morgen aufstehst und in dein Atelier gehst?
Herbert Wirz: Es sind die kleinen Dinge im Leben. Wenn am Schluss alles geklappt hat, woran ich mir vorher lange den Kopf zerbrochen habe, dann ist das eine wunderbare Genugtuung.
Was steht auf deiner Werkbank, das für die Fertigung von Schmuckstücken nicht unbedingt relevant ist?
Eine Kaffeetasse. Trotz ständigem Auffüllen ist sie dauernd leer.
Was gefällt dir am Goldschmiede-Handwerk am besten?
Die technische Herausforderung ist für mich spannend. Präzision gepaart mit Gestaltung. Ebenfalls ziehen mich flüssige Metalle in ihren Bann. Während der Abschlussprüfung an der Meisterschule habe ich eine Technik entwickelt, die ich „Waterforms“ nenne. Kurz zusammengefasst funktioniert diese so: Statt wie üblich aus einem Feilwachs abrasiv ein Modell zu gestalten, giesse ich mit flüssigem Wachs Strukturen auf Wasser und modelliere diese anschliessend. Mein Schmuckstil polarisiert und ist in doppelter Hinsicht dem Guss unterlegen: einmal im Wasser und einmal im Feuer.
Was kannst du besonders gut?
Dank meines technischen Hintergrunds finde ich eigentlich für jedes Problem eine Lösungen. Dazu muss ich sagen, dass ich top ausgerüstet bin mit Geräten und Maschinen, die nicht in jedem Atelier zu finden sind.
Bei welcher Tätigkeit trifft man dich häufig an, wenn du nicht am Schmuckherstellen bist?
Als ich vor 20 Jahren mein Hobby zum Beruf gemacht hatte, musste ich ein neues finden. So habe ich die Fotografie wieder entdeckt. Zudem sind meine beiden Kinder (20 und 22) ebenfalls ein bisschen Hobby für mich.
Welche globalen Themen interessieren dich am meisten?
Wir leben ja im Moment in eher schwierigen, aber durchaus spannenden Zeiten. Ich verfolge den Weg des Umbruchs mit viel Interesse und wünsche mir, dass die Menschen aufmerksam und skeptisch sind, sich eigene Gedanken machen und nicht einfach alles nachplappern, was sie irgendwo hören oder lesen.
Was macht gute Laune?
Begegnungen mit authentischen Menschen und Berufskollegen, die aus dem Nähkästchen plaudern.
Zum Schluss darfst du noch wünschen, wen wir in dieser Serie als nächstes befragen sollen.
Mein Vorschlag ist Wolfgang Schnider von der Goldschmiede Schnider und Hammer in Solothurn.
Daniela Bellandi
instagram.com/wirzherbert/
hundertstein@gmx.ch
Herbert Wirz ist 49 Jahre alt und lebt in Turgi bei Baden. Seit 20 Jahren führt er dort ein Goldschmiedeatelier. Ursprünglich hat er Elektroniker gelernt. Auf dem zweiten Bildungsweg hat er eine Goldschmiedelehre und die Meisterschule abgeschlossen. Früh galt sein Interesse neben dem klassischen Schmuckherstellen den modernen Technologien. Heute ist er auf die 3D-Gestalung spezialisiert: 3D-Zeichnen, 3D-Drucken und das Giessen. Er bietet seine Dienste hauptsächlich anderen Goldschmieden an. Weitere Standbeine sind seine kleine Giesserei und die sogenannte Hybrid-Keramik, mit der opake Farben aufgetragen und die Oberflächen kratzfest gemacht werden können. db