Die Messe Watches & Wonders, ehemals SIHH, findet auch im April 2021 coronabedingt nicht statt. Obwohl diese Information aus Genf nicht unerwartet kommt, enthält sie einige spannende Details und beeinflusst wohl auch die Entscheidung in Basel.
Die Schweizer Uhrenindustrie befindet sich in keiner guten Situation. Die Absätze im unteren Preisbereich gehen stetig zurück und der mittlere und obere Preisbereich konzentriert sich mehr und mehr auf eine Handvoll Gruppen und Marken. Die am 17. November kommunizierte Absage der Messe Watches & Wonders (WW), ehemals SIHH, kommt nicht überraschend. Aber sie kommt angesichts einer angespannten Lage der Uhrenindustrie sehr unpassend.
In der Pressemitteilung der Genfer Messeverantwortlichen sind allerdings – trotz der kaum überraschenden Absage – einige frische Zutaten zu finden: So ist zum einen erstaunlich, dass man die konkreten Messedaten in Genf erst dann offiziell kommuniziert, wenn man die Messe gleichzeitig absagt. Dass die WW offenbar vom 7. bis 13. April während sieben Tagen stattgefunden hätte, las man bislang noch nirgends. Ebenso erstaunlich ist, dass die fünf Marken, die Basel im April den Rücken gekehrt hatten und in Genf parallel zur SIHH eine Messe austragen wollten (Rolex, Patek Philippe, Chopard, Chanel und Tudor) nun offenbar klammheimlich und in aller Stille in den Schoss der WW-Marken aufgenommen worden sind. Zumindest werden sie jetzt als neue Mitglieder der Genfer Messefamilie aufgeführt. Auch dies war zwar schon bekannt, ganz offiziell las man es jedoch noch nicht.
Schade oder Schande
Dass sich die grossen Marken gut ein Jahr lang ohne Messen bewegen können, steht ausser Frage. Viele Nischenbrands, die auch in Genf ausgestellt hätten, werden die Absage aber zähneknirschend zur Kenntnis genommen haben. Auch wenn sie damit den grössten Posten aus ihrem Marketingbudget streichen können, fehlen die im Idealfall an Ort und Stelle generierten Umsätze. Die digitale Form, in der der Event ausgetragen werden soll, ist kein adäquater Ersatz für eine Präsenzmesse mit realen Menschen und Produkten. Und selbst wenn an der Vernunft dieses Genfer Entscheids niemand zweifeln mag, sei trotz allem warnend in Erinnerung gerufen, dass die Schweizer Uhrenindustrie damit seit März 2019 auf einen grösseren Event wartet. Schade oder Schande, das sei als Urteil jedem selber überlassen.
Der Entscheid tangiert direkt auch die Pläne der Basler Messegesellschaft MCH Group, die für Anfang April unter dem neuen Namen Houruniverse in bewusster Koordination mit den Genfer Messen eine Austragung geplant hat. Alles andere als eine Basler Absage wäre im Gesamtkontext betrachtet eine Überraschung. Somit verbleiben 2021 für die ersten Monate in Europa die Messen Vicenzaoro, die bereits von Januar auf März (12.-16.3.) verschoben worden ist, sowie die Inhorgenta Munich, die 2021 nicht im Februar, sondern vom 15. bis 19. April über die Bühne gehen soll. Hoffen darf man hierzulande auch noch auf die Edelsteinmesse GemGenève, die normalerweise Anfang Mai über die Bühne gehen sollte. Was den Uhrenbereich betrifft, werden sich jetzt viele neu orientieren und ihren Blick nach Vicenza, vor allem aber auch nach München richten.