Das erste Metall, das der Mensch gegen Ende des Neolithikums für sich erschloss, war Gold. Obwohl es sehr selten ist, hatte es sich bei der Erosion naher Gebirge während Jahrmillionen in den Wasserläufen so weit angereichert, dass es auffallen musste. Silber wurde erst später entdeckt.
Die sonnengelben Goldnuggets und -flöckchen waren damals nur für dekorative Zwecke zu gebrauchen. Erst aus dem relativ weichen Kupfer konnten vor 7000 Jahren Werkzeuge und Waffen gefertigt werden, allerdings nicht besonders wirksame. Dann kam das weisse Edelmetall Silber. Es kommt gediegen als Metall in der Natur vor, und zwar in Form grauer Körner, Blättchen und drahtartiger Geflechte. Es war allem Anschein nach unser drittes Metall – wenn man die erst viel später als chemisches Element identifizierte Bronzekomponente Zinn ebenfalls zählt, war es Nummer vier. Silber war zwar schön, aber bei weitem nicht so nützlich, wie das ohnehin viel häufiger vorkommende Kupfer beziehungsweise dessen Legierungen.
Immerhin liessen sich aus Silber Schmuck und kostbare Gegenstände wie Becher, Schüsseln und Dosen fertigen. Die ältesten davon wurden in 6000 Jahre alten, ägyptischen und hethitischen Gräbern gefunden. Später erlernten auch die Assyrer, Griechen, Römer, Goten und Germanen die Silbermetallurgie. Das Silber der Antike kam zu einem erheblichen Teil aus den berüchtigten Minen von Laurion bei Kap Sunion, nicht weit von Athen. Dort liess man Schwerverbrecher und Kriegsgefangene schuften, bis sie buchstäblich tot umfielen.
Aus der „Elektron“ genannten, natürlich vorkommenden Gold-Silberlegierung wurden im siebten Jahrhundert vor Christus in Kleinasien die ersten Münzen geprägt. Doch weil der Goldgehalt zwischen 30 und 50 Prozent schwankte, wusste man nie genau, was eine solche Münze wert war. Erst unter Krösus, dem König von Lydien (der westlichen Hälfte Kleinasiens, der heutigen Türkei) wurden Verfahren entwickelt, um einigermassen reines Gold und Silber herzustellen.
Nützliche und beliebte Silbermünzen
Krösus liess Mitte des sechsten Jahrhundert vor Christus Gold- und Silbermünzen prägen und war damit äusserst erfolgreich. Ein solcher klar definierter und leicht transportierbarer Wertgegenstand hatte gegenüber dem bisherigen Tauschhandel so bestechende Vorteile, dass sich vor allem das Silbergeld weltweit verbreitete. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts blieb es ein universelles Zahlungsmittel. Seither werden Silbermünzen fast nur noch für Sammler geprägt, sie geraten kaum in den Geldkreislauf.
Im Mittelalter waren Österreich, Deutschland und Norwegen die wichtigsten Silberproduzenten. Dies änderte sich erst nach der Entdeckung Amerikas, wobei der enorme Silberreichtum Mexikos und Perus erschlossen wurde. Doch einen Silberüberschuss und einen entsprechenden Preiszerfall gab es erst nach der Entdeckung der enormen Silberlagerstätten im Westen der USA. In der Folge musste der frühere Silberstandard der Zentralbanken 1873 durch einen Goldstandard ersetzt werden.
In Europa und Amerika entwickelten sich zwei verschiedene Silberkulturen. In der Alten Welt werden beispielsweise Schmuck, Besteck, Kerzenständer, Kunstgegenstände aus Silber der Feinheit 800 gefertigt, das 80 Prozent Edelmetall enthält; der Rest ist Kupfer. In Grossbritannien und Amerika hingegen bevorzugt man das sogenannte Sterlingsilber mit 92,5 Prozent Edelmetall. In Frankreich schätzt man das Vermeil, das heisst goldplattiertes Silber. Auch die Olympia-Goldmedaillen bestehen aus diesem Werkstoff. Ihr Goldgehalt ist keine 200 Euro wert.
Langsamer Preiszerfall
Interessant ist die Chronologie des Gold-Silber-Preisverhältnisses. Im sechsten vorchristlichen Jahrtausend war Silber zweimal teurer als Gold. In der Folge verbilligte sich das Silber ganz erheblich. Der bereits erwähnte Krösus setzte das Verhältnis per königlichem Dekret auf 1:15; demnach war Silber 15-mal billiger als Gold. Dieses Verhältnis entspricht nahezu der Häufigkeit der beiden Edelmetalle in der Erdkruste, das 1:20 beträgt. Es hatte während zwei Jahrtausenden Bestand.
Doch seit den 1990er Jahren schwankt der Goldpreis bei stetiger Zunahme in weiten Grenzen, während das heute vor allem als Nebenprodukt der Bleiproduktion anfallende Silber zu jedem Preis verkauft werden muss. Dazu kommt, dass das Silber mit der Digitalfotografie und dem Verschwinden des Silberamalgams in der Zahnheilkunde zwei wichtige Märkte verloren hat. Einen neueren Markt bilden die Silberoxid-Zink-Knopfbatterien, die in fast jeder Quarzuhr zu finden sind. Zurzeit liegt das Gold-Silber-Preisverhältnis bei 1:80.
Der „Pferdefuss“ des Silbers ist die mangelhafte Anlauffestigkeit. Wegen seiner hohen chemischen Affinität zum Schwefel genügt schon die geringe, naturgegebene Konzentration von flüchtigen Schwefelverbindungen in der Luft, um Silber mit der Zeit schwarz anlaufen zu lassen. Den wunderschönen, weichen Glanz des Silbers kann man nie lange geniessen. Zum Schutz wird Silber oft mit dem Platinmetall Rhodium plattiert, doch dann sieht man eben die Farbe des Rhodiums.