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Wenn die Bananen golden blühen

Kommentar – Fairtrade-Gold ist medial derzeit (wieder einmal) in vieler Munde. Das ist nicht prinzipiell negativ. Die Berichterstattung in den Medien zum Thema Fairtrade birgt aber Tücken und ist obendrein wenig objektiv. Die Branche tut gut daran, das Thema Ethik-Gold nicht allein den Fairtrade-Befürwortern zu überlassen.

 

Beim Thema Fairtrade-Gold scheint es ein grundlegendes, hartnäckig sich haltendes und ständig wiederkehrendes Missverständnis zu geben. Wer die Begriffe „Fairmined“ oder „Fairtrade“ hört, denkt an Bananen, Kaffee oder Honig. Die Seite www.fairtrade.net verzeichnet folgende Fairtrade-Produkte (in alphabetischer Reihenfolge): Bananen, Baumwolle, Blumen, Emissionsrechte, Früchte, Fruchtsäfte, Gewürze & Kräuter, Gold, Honig, Kakao, Kaffee, Reis, Tee, Wein, Zucker und zusammengesetzte Nahrungsmittel (z.B. Schokolade). Sieht man vom Sonderling Emissionsrechte ab, handelt es sich – mit einer Ausnahme – durchgehend um organische Stoffe, die weiter – mit einer Ausnahme – allesamt Agrarprodukte darstellen und die zudem – mit einer Ausnahme – allesamt nicht wiederverwendbar sind.

Die Ausnahme in der Aufzählung der aktuell verfügbaren Fairtrade-Produkte ist Gold. Gold ist, um es vereinfacht auszudrücken, unvergänglich. Diese Unvergänglichkeit hat massive Auswirkungen auf den Handel: Nehmen wir als Vergleich den Bananenmarkt. Der Preis einer Banane ist normalerweise ausserordentlich stabil. Es gibt eine gewisse Menge an Bananen auf den Markt, wobei der Konsument bestimmt, welche Art von Bananen er auf dem Tisch haben will. Bei Gold sieht die Sache etwas anders aus. Auch Gold ist zwar gewissermassen ein „Naturprodukt“ und kann „geerntet“ werden, was mit einer jährlichen Menge von 3000 bis 4000 Tonnen auch geschieht. Allerdings ist Gold aufgrund seiner Unvergänglichkeit auch ausserordentlich haltbar. So haltbar, dass sich, seitdem der Mensch damit begonnen hat, Gold abzubauen, ein weltweiter Goldbestand von über 185‘000 Tonnen angesammelt hat.

Dass Gold, anders als Bananen, unvergänglich ist, wirkt sich auch auf den Preis aus. Der Preis von Gold bestimmt sich mitnichten aus der simplen Konstellation, dass ein Erzeugnis oder ein aus der Erde geholter Rohstoff einem potenziellen Käufer zu einem bestimmten Preis angeboten wird. Der weltweite Goldmarkt ist wesentlich komplexer, und wesentlich komplexer ist auch die Preisfixierung von Gold, die nicht einmal Fachleuten ganz durchsichtig erscheint. Eine Tatsache ist beispielsweise, dass der Goldpreis in astronomische Höhen entschweben würde, wäre Gold nicht unvergänglich.

 

Anders als Bananen, wächst Gold nicht an Stauden, ist dafür aber deutlich haltbarer.

 

Gold existiert also gewissermassen in zwei Welten: einerseits als Naturprodukt in der Erde, und andererseits als Kulturprodukt in Form von Münzen, Barren, Schmuck, Altären, Kelchen, Industrieprodukten und so weiter. Aus diesem riesigen Reservoir weltweiter „Goldreserven“ fliesst pro Jahr konstant etwa ein Prozent, 2016 waren es 1308 Tonnen, in den Markt zurück. Einige Experten sind zudem der Meinung, dass durch die immensen Goldreserven in den Tresoren dieser Welt die gesamte Nachfrage der nächsten 30 Jahre gedeckt werden könnte, ohne dass irgendeine Mine auch nur einen Stein mahlen müsste.

Trotzdem wird weiter eifrig Gold gefördert: Die weltweite Fördermenge betrug im vergangenen Jahr 3236 Tonnen, zusammen mit dem Recycling-Gold ergibt dies eine total bereitgestellte Goldmenge von 4570 Tonnen. Das meiste Gold wird industriell gefördert, nur etwa zehn Prozent des weltweit geförderten Goldes, etwa 300 Tonnen, entstammt dem Kleinbergbau. Wiederum nur rund 0,1 Prozent dieser Menge, etwa 300 Kilogramm, erfüllen derzeit die Richtlinien des Fairtrade-Zertifikats. Dies entspricht weniger als einem Zehntausendstel der jährlichen Goldfördermenge. Es steht ausser Frage, dass es eine hehre Aufgabe ist, Kleinmineuren faire Arbeitsbedingungen zu bieten. Angesichts der unbedeutenden Goldmenge, die im Kleinbergbau gefördert wird, ist allerdings nicht nachzuvollziehen, warum „faires“ Gold in den Medien so prominent diskutiert wird. Man halte sich nur folgendes Rechenbeispiel vor Augen. Aufgrund der aktuell im Kleinbergbau anfallenden Goldmenge bräuchte es rund 600’000 Jahre bis die heute auf der Welt bestehende Goldmenge erreicht wäre.

Wann immer in den Medien von Fairtrade-Gold die Rede ist, wird zudem stillschweigend suggeriert, alles andere Gold sei „dreckig“, „blutig“, „unsauber“, „unmoralisch“ und dergleichen mehr. Ist das fair? Aus dreierlei Gründen nicht: Erstens, Fairtrade-Gold weist aus ökologischer Sicht keine besonderen Qualitäten auf, beziehungsweise unterliegt den selben physikochemischen Gesetzen des Abbaus wie alles andere Gold. Zweitens, die Wiederaufbereitung von bestehendem Gold ist ökologisch wesentlich sinnvoller als der Abbau von Gold: die Methode schont Energieressourcen, bewahrt Landschaften vor Verschandelung und bewahrt intakte Ökosysteme. Drittens wird dem Konsumenten unterschlagen, dass bei 18-Karat-Gold rund ein Viertel des Schmuckstücks mitnichten Fairtrade-zertifiziert ist. Wenn Grossmarken sich damit brüsten, in baldiger Zukunft nur noch faires Gold verkaufen zu wollen, wird der Branche damit auch ein Bärendienst erwiesen. Einerseits wird so getan, als entspräche der Goldhandel jenem von Bananen, andererseits wird suggeriert, dass alles nicht als „fair“ deklarierte Gold, automatisch unethisch sei. Und das ist falsch.

 

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