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Schmuck im Kunstmuseum

Schmuck im Museum

Das Metropolitan Museum of Art, für New Yorker „The Met“, zeigt bis am 24. Februar eine faszinierende Auswahl von 230 Schmuckstücken. Die Exponate dieser schlicht „Jewelry“ genannten Ausstellung sind in fünf thematische Schwerpunkte gegliedert, mit Beispielen aus den wichtigsten Hochkulturen und fünf Jahrtausenden.

Schmuck ist die absolut älteste Form der Kunst. Es gab ihn Zehntausende von Jahren vor den Höhlenmalereien von Lascaux und Altamira. Schon vor mehr als 100‘000 Jahren fertigten die Neandertaler Schmuck, das heisst gut 50‘000 Jahre vor dem Eintreffen des modernen Menschen in Europa. Ihre Halsketten bestanden aus durchbohrten Muscheln und Schneckenhäusern; Zähne, Knochen und Perlen folgten später.

Schmuck ist wie Sprache und Musik ein rein menschliches Attribut. Tiere müssen sich mit den naturgegebenen Farben und Mustern von Fell, Federn oder Schuppen begnügen. Zudem ist Schmuck das einzige Kunstwerk, das direkt auf dem Körper getragen wird; nur Broschen und Gürtel findet man auf der Kleidung. Es gibt Schmuck für Haar, Kopf, Ohren, Nase, Lippen, Hals, Arme, Finger, Oberkörper, Taille, Bauchnabel, Intimbereich, Hüften, Beine, Knöchel und Füsse. Die Konkubinen ägyptischer Pharaonen begnügten sich nicht mit Ringen, sondern liessen sich goldene Auflagen für Finger und Zehen fertigen.

Unvollständig gekleidet

Schmuck glänzt und glitzert metallisch und/oder farbig-leuchtend im Einklang mit  Körperbewegungen, auf die er aufmerksam macht, indem er sie optisch verstärkt. Dies wirkt zurück auf die Psyche der Schmuckträger, die sich auf diese Weise sicherer und stärker beachtet wähnen. Ohne Schmuck fühlen sich viele Frauen unvollständig gekleidet. Und mancher Mann erlebt einen schlechten Tag, wenn er seine Luxus-Markenuhr oder seinen Siegelring zuhause liegen liess.

Das wussten schon die Goldschmiede prähistorischer Zeiten, der Antike und des Mittelalters. Mit ganz andersartigen, aber höchst originellen und kreativen Schöpfungen erzielten die grossen Juweliere der Neuzeit wie Tiffany, Lalique, Boucheron, Calder und Schiaparelli genau dieselben Effekte wie ihre anonym gebliebenen Vorgänger. Dies vermittelt die Ausstellung am Metropolitan Museum auf faszinierende Weise. Die wirkungsvoll beleuchteten, in hohen rechteckigen Glaskästen gesicherten Exponate werden dort buchstäblich ins beste Licht gerückt. Zur frappanten Ambiance der Ausstellungsräume leisten zahlreiche Plastiken, Gemälde und Fotografien einen wichtigen Beitrag.

Schmuck als göttliches Attribut

Götter als allmächtige Übermenschen legte sich der Mensch zu, um die zahllosen, ihm unverständlichen Vorgänge in seiner Umwelt und am Himmel auf anthropomorphe Weise zu deuten. Darstellungen dieser unfassbaren Wesen stattete er schon immer mit Schmuck aus. Um sie wohlwollend zu stimmen, gab er ihnen in jedem Zeitabschnitt der Geschichte stets das Wertvollste, was er hatte.

Diese Entwicklung kulminierte mit kunstvoll zu Schmuckstücken verarbeitetem, mit Edelsteinen besetztem Gold. Echter Schmuck ist wertvoll und kostspielig, weil er aus seltenen, im Massstab des Menschen unvergänglichen Metallen und Mineralen besteht. Ihre Gewinnung ist schwierig und aufwändig, ihre Verarbeitung setzt viel materialbezogenes Wissen, Erfahrung und Können voraus.

Das Privileg des Schmucktragens nahmen sich schon sehr früh die meist selbsternannten Vertreter und Botschafter der Götter auf Erden, also Pharaonen, Könige, Hohepriester und ihre Angehörigen, denn prunkvoller Schmuck steht für Macht, Autorität und Reichtum. Und sehr zum Vorteil unserer Archäologen und Historiker liessen sich die Mächtigen oft mit ihrem Schmuck bestatten. Ohne diesen befürchteten sie, im Jenseits ihre Macht einzubüssen. Die mesopotamische Göttin Innana-Ishtar verlor ja der Legende nach auf dem Weg zur Unterwelt ein Schmuckstück nach dem anderen; parallel dazu schwanden ihre magischen Kräfte.

Symbole von Macht und Sinnlichkeit

Mit der Menge, dem Wert und der ästhetischen Qualität des Schmuckbesitztums wurden und werden heute noch Hierarchien, Rang und Status signalisiert. Briten, die im 18. Jahrhundert Indien erforschten, berichteten über dortige Herrscher, die von Kopf bis Fuss mit Unmengen von Goldminiaturen, Diamanten, Rubinen und Perlen beladen waren. Und in die britischen Kronjuwelen wurden einige der grössten und kostbarsten Edelsteine ihrer Art eingearbeitet.

Den verlockenden und verführerischen Aspekten des Schmucks gilt ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung. Schmuck kann eminent sinnlich sein; auf ganz subtile bis theatralische Weise zwingt er zum Hinschauen. Die Exponate reichen von der klassischen Perlenkette bis zur surrealistischen Ausstattung aus gespitzten Bleistiften. Sie dokumentieren, wie Schmuck die Schönheit und die Kurven des weiblichen Körpers akzentuiert und wortwörtlich zum Schauplatz macht.

Schmuck kann besonders attraktiv wirkende Teile der Anatomie hervorheben, modulieren und im Zusammenwirken mit Kleidung mögliche Nachteile verdecken. Man darf es ruhig sagen: Schmuck ist auch ein erotisches Accessoire, wenn er verführerisch gestaltet und getragen wird. Bei beiden Geschlechtern spielte er schon immer eine wichtige Rolle bei der Partnersuche. Eine durchaus ernste und zukunftsträchtige Angelegenheit, die im englischen Sprachraum treffend als „the mating game“ bezeichnet wird.

Bild: Altägyptischer Halsschmuck aus dem 14. vorchristlichen Jahrhundert.

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