Die Geneva Watch Days haben Ende August zum fünften Mal seit ihrer Gründung im Jahr 2020 stattgefunden. Das offene, dezentrale Format war bislang erfolgreich, noch nie waren so viele Marken präsent wie in diesem Jahr. Aus verschiedenen Gründen stehen hinter der Zukunft des Genfer Anlasses nun aber Fragezeichen.
Über 50 Marken stellten dieses Jahr offiziell im Rahmen der Geneva Watch Days (GWD) aus. Das waren so viele wie noch nie. Und auch das Besucheraufkommen war erfreulich. Zwar waren es nicht in erster Linie Fachhändler, sondern eher Distributoren, Journalisten, Influencer, Uhrensammler und -clubs, die den GWD ihre Aufwartung machten. Am Ende zählen bei offenen Messen wie diesen, die sich nur an Fachleute sondern auch ans grössere Publikum richten, aber nicht nur konkrete Bestellungen oder Abschlüsse, sondern auch die mediale Reichweite und die Dynamik in den sozialen Medien, die durch sie erzeugt werden. Aus diesem Grund sind die Genfer Uhrentage nicht nur für etablierte Marken wichtig, sondern auch bei jungen Marken beliebt.
Favre Leuba feiert Comeback
Keine junge Marke, aber doch eine, die in Genf ihr Comeback feierte, war Favre Leuba. Nachdem es einige Jahr still geworden war um die traditionsreiche, 1737 in Le Locle gegründete Marke, die ihren Sitz in Grenchen hat, präsentierte an den GWD erstmals die neue Kollektion. Geschäftsführer Patrik Hoffmann, der von 2011 bis 2017 CEO von Ulysse Nardin war, hat zusammen mit seinem Team eine vollständig neue Kollektion erarbeitet, die Anleihen historischer Modelle Favre Leubas nimmt, diese aber in moderner Form neu aufnimmt. Mit der erstmaligen Präsenz von Favre Leuba an den GWD zeigte sich Hoffmann zufrieden. Die Rückmeldungen zur neuen Kollektion seien erfreulich gewesen und man habe Gespräche mit wichtigen Distributoren führen können. Auch die Resonanz seitens der Journalisten und die offizielle Lancierung der Kollektion anlässlich einer Pressekonferenz seien gut gewesen, so Hoffmann.
Dauerfrage Preisleistung
Ob eine Präsenz an den GWD für eine Mehrheit der Aussteller, gerade im unteren bis mittleren Preissegment, lohnenswert ist, wird jedoch die Zukunft zeigen. Sicher dürfte die eine oder andere Marke für das kommende Jahr eine präzise Kosten-Nutzen-Rechnung erstellen. Allein die Teilnahme an den GWD, sprich eine offizielle Nennung im Messeprogramm, verbunden mit einer Reihe weiterer Marketingmöglichkeiten, etwa der Durchführung von Pressekonferenzen in der eigens für den Anlass aufgebauten „Glass Box“ an der Place Rotonde, liegt je nach gebuchtem Paket bei 10‘000 bis 30‘000 Franken. Dazu kommen die individuellen Mietkosten für die Suiten in den umliegenden Hotels. Von den Reise- und Logiskosten für die Crew ganz zu schweigen.
Weiter stellt sich für viele Marken die Frage, wie sinnvoll es ist, Ende August – kaum fünf Monate nach der Genfer Uhrenwoche rund um die Messe Watches & Wonders – ein zweites Mal in der Calvinstadt auszustellen. Es ist noch nicht so lange her, als viele Uhrenhersteller ihren Jahresumsatz an einer einzigen Messe im Jahr erzielten (meist war es die Baselworld). Diese Zeiten scheinen vorbei, denn offenbar vermögen die Tage während der Watches&Wonders die Umsatzbedürfnisse der Marken nicht zu stillen: Von den rund 50 offiziellen Ausstellern der GWD hatten rund zwei Drittel, das heisst rund 35 Marken, bereits fünf Monate vorher während der Watches-&-Wonders-Woche ihre Zelte in Genf aufgeschlagen, sei es im Palexpo, sei es in einer Hotelsuite. Ob diese Doppelpräsenz vertriebstechnisch sinnvoll ist und sich punkto Logistik- und Kostenaufwand rechnet, ist in vielen Fällen wohl fraglich.
Fragezeichen für 2025
Nicht nur aufgrund der schwächelnden Konjunktur und der möglicherweise allzu grossen Nähe zwischen der Uhrenwoche im März/April und den Uhrentagen im August, stehen einige Fragezeichen hinter der Zukunft der Geneva Watch Days. Wie David Chokron in der Zeitschrift „Bilan“ am 11. September schrieb, werden wichtige Hotels (das Beau-Rivage und das Fairmont) aufgrund von Renovationen 2025 nicht genutzt werden können, was die Preise in den anderen Hotels verteuern dürfte. Zudem wird die Marke Bulgari, notabene eine Gründungsmarke der GWD, im kommenden Jahr wohl nicht mehr ausstellen. Einerseits wird sie ab 2025 als Neuausstellerin an der Watches&Wonders dabei sein; zudem ist Bulgaris Mutterkonzern LVMH im Stiftungsrat der Fondation Watches&Wonders, deren Statuten festlegen, dass man als Konzern (die einzelnen Marken eingeschlossen) an keiner Konkurrenzmesse teilnehmen darf. Ohne das finanziell und punkto Marketing wichtige Zugpferd Bulgari könnte die GWD für das nächste Jahr tatsächlich auf der Kippe stehen. Ob dabei alternativ Zürich als neuer Veranstaltungsort in die Bresche springen könnte, wie es einige Uhrenhersteller gemäss der Bilan erwägen – und vorziehen würden, ist allerdings eher fraglich, aber Überraschungen sind bekanntlich nie auszuschliessen. mw