Goldschmied Freddy Stoffel und seine Lebenspartnerin Astrid Federspiel konnten ihr etabliertes Geschäft Adamas in der Altstadt von Locarno nach 35 Jahren in jüngere Hände geben. Diese Erfolgsgeschichte ist nicht zuletzt durch die Sonderausgabe „Nachfolge“ als eine Produktion von Gold’Or zustande gekommen.
Sie sind beide im Pensionsalter, hätten aber auch noch ein paar Jahre weitergearbeitet, wenn ihr Porträt in der Spezialausgabe „Nachfolge“, die Anfang 2024 von der Redaktion Gold’Or herausgegeben wurde, nicht Früchte getragen hätte. „Ohne diese Publikation hätten wir diese Erfolgsgeschichte wohl nicht erlebt“, ist Freddy Stoffel überzeugt.
Doch es sollte anders kommen. In der Gold’Or 4/24 hat Lisa Atena Tilliot in unserer Serie „Die Schätze der Goldschmiede“ ihr Lieblingsstück vorgestellt; einen Ring mit einem Opal, den sie auf einer Reise durch Australien erworben hat. Bis dahin führte die IT-Spezialistin, die auf Umwegen Goldschmiedin geworden ist, nebenberuflich ein kleines Atelier in Bellinzona. Als sie in der Nachfolge-Ausgabe sah, dass Goldschmied und Gemmologe Freddy Stoffel und Astrid Federspiel auf der Suche nach einer Nachfolge für ihr schönes Atelier Adamas in der Altstadt von Locarno sind, dachte sie, dass dies eine Chance sein könnte. Also meldete sich die 43-Jährige bei Stoffel Federspiel und es kam zum ersten Treffen.

Lösung gefunden
„Es haben sich vorher schon Interessenten gemeldet, aber daraus wurde nichts“, erinnert sich Freddy Stoffel. „Lisa war sehr entschlossen und motiviert, so begannen wir über Details zu sprechen.“ Dass eine solche Geschäftsübernahme mit Infrastruktur und einem umfangreichen Lager auch gewichtige finanzielle Verpflichtungen mit sich bringt, ist klar. Dies war denn auch der Punkt, an dem die Vereinbarungen erst zu scheitern drohten. „Wir überlegten uns, wie wir es der leidenschaftlichen Schmuckgestalterin ermöglichen könnten, doch noch einzusteigen“, erzählt Stoffel. Wir kamen spontan auf die Idee, dass Lisa erst mal das Geschäft und nur einen Teil des Lagers übernehmen könnte, den Rest dann später.“ Also gingen die beiden wieder auf Lisa Tilliot zu, die sich diese Variante gut vorstellen konnte und damit einverstanden war.
Ab Dezember verbrachte Lisa Tilliot viel Zeit bei Adamas und liess sich von Stoffel und Federspiel einarbeiten. Sie kündigte ihren Job im IT-Bereich, so dass die Übernahme Anfang dieses Jahres erfolgen konnte. „Ich bin sehr dankbar, dass ich auch weiterhin auf die Unterstützung von Freddy, Astrid und Alessia, der Goldschmiedin, die seit bald 20 Jahren dort arbeitet und bleiben wird, zählen kann“, sagt Tilliot. Auch Freddy Stoffel und Astrid Federspiel helfen ihr gerne aus, solange dies Sinn macht.

Optimale Work-Life-Balance
Wie sehen die beiden ihre Zukunft ohne Goldschmiedeatelier? „In unserem Leben wird sich nicht viel ändern. Wir haben keine „Bucket List“, auf der Dinge stehen, die wir unbedingt noch erleben müssen“, so der 68-Jährige. Sie beide hätten die optimale Work-Life-Balance schon lange gefunden. Sie wollten früh die Welt entdecken und sind im Alter von 20 Jahren zusammen nach Südafrika ausgewandert, wo sie ein paar Jahre gelebt und gearbeitet hatten. Später landeten sie für fünf Jahren auf den Bermudas, bevor sie dann 1989 das Goldschmiedeatelier Adamas in Locarno gegründet haben. „Wir haben viele verrückte Dinge erlebt und unsere Abenteuer-Sehnsüchte stillen können“, sagt der gebürtige Bündner. „Hier in der Schweiz, und vor allem im Tessin, leben wir ja sowieso an einem der besten Orte der Welt. Mit unserem Haus, am Hang über der Magadinoebene, konnten wir uns ein kleines Paradies erschaffen. Dort sind wir glücklich, was aber nicht bedeutet, dass wir nicht wieder mal auf eine längere Reise gehen.“

Ob sie das Geschäft vermissen werden, können die beiden heute nicht beantworten. Aber sie freuen sich darauf, die gewohnte Tagesroutine hinter sich zu lassen. Alles auf den Kopf stellen, wollen sie nicht. „Ich habe mich immer mit Schmuck und Edelsteinen beschäftigt und möchte keinen Tag missen. Aber irgendwann ist genug und ich denke, dann aufzuhören, wenn es noch schön ist, ist die beste Entscheidung“, so Freddy Stoffel.
Daniela Bellandi