Die Grenchner Traditionsuhrenmarke Fortis steht auf neuen Beinen. Jupp Philipp hat die Marke per 1. September als Inhaber übernommen. Neuer Geschäftsführer ist Lorenz Aebischer, der über mehr als 20 Jahre operative Erfahrung in der Uhrenbranche verfügt und für Marken wie Auguste Reymond, Mido und Tissot tätig gewesen ist.
Gold’Or: Jupp Philipp, was hat Sie an der Übernahme von Fortis gereizt?
Jupp Philipp: Beruflich bin ich in der Lebensmittelindustrie verwurzelt und in vierter Generation in der Geschäftsführung eines europaweit aktiven Familienunternehmens tätig. Gleichzeitig wohne ich seit vierzehn Jahren in der Ostschweiz, im Appenzell. Seit Längerem ist es ein Wunsch von mir, mich unternehmerisch in der Schweiz zu engagieren. Der Zufall wollte es, dass ich 2017 von den finanziellen Schwierigkeiten der Marke Fortis las. Das hat mich umso mehr beschäftigt, weil ich selber ein grosser Uhrenfan bin, wobei Fortis zu meinen Lieblingsmarken gehört. Über einen Bekannten aus Grenchen ist es schliesslich zum ersten Kontakt mit der Fortis-Leitung gekommen.
Und was war am Ende ausschlaggebend?
Natürlich analysierte ich zunächst gründlich die Zahlen von Fortis sowie die Strukturen und Produktionsabläufe. Auch die Übernahmesumme war natürlich Gegenstand der Verhandlungen, wobei wir uns am Ende auf einen fairen Preis einigen konnten. Alles in allem war der Entscheid sicher auch von Emotionen und Leidenschaften mitgetragen. Die Freude und die Aussicht darauf, eine traditionsreiche Uhrenmarke wie Fortis übernehmen und in die Zukunft führen zu können, blieb während des ganzen Kaufprozesses ein entscheidendes Element.
Was wollen Sie bei Fortis ändern?
An erster Stelle steht, dass wir die Kollektion nachhaltig und mit Konstanz weiterpflegen und entwickeln wollen. Natürlich bleibt die DNA mit einem Fokus auf die Fliegerei bestehen, hier wird es keine 180-Grad-Drehung geben. Das heisst, die Standardmodelle bleiben, auch wenn wir da und dort leichte Anpassungen vornehmen. Was wir sicher wieder verstärkt und modellübergreifend einsetzen wollen, ist die Alarmfunktion. Ein weiteres Anliegen ist die Faltschliesse. Als Fortis-Träger hat mich persönlich immer gestört, dass keine Schnelljustierungen der Bandlänge vorgenommen werden können. Das sollte bei einer Marke wie Fortis möglich sein.
Wird es preisliche Anpassungen bei der Kollektion geben?
Diese Frage wurde uns schon sehr häufig gestellt. Auf den Punkt gebracht: wir beginnen unsere Überlegungen nicht beim Preis. Ausgangspunkt bilden die qualitativen Ansprüche, die wir an unsere Uhren stellen. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, beginnen wir mit der Kalkulation. Alles andere macht keinen Sinn.
Welchen Stellenwert hat der Produktionsstandort Grenchen?
Die Produktion, die in den vergangenen Monaten nie gestoppt worden ist, läuft weiter in Grenchen. Ich lege viel Wert darauf, soviel direkt hier im Haus zu fertigen, wie nur möglich. Auch bezüglich unserer Zulieferer sollen mehr Betriebe aus der Region berücksichtigt werden. Das hat auch viel mit Wahrheit hinter dem Produkt zu tun. Die Fortis-Kunden sollen wissen, woher ihre Uhren kommen. Ich lade auch gerne jeden hier nach Grenchen zu einer Visite ein. Die Türen stehen offen, wir haben nichts zu verstecken.
Jupp Philipp als neuer Inhaber ist für Fortis ein Glücksfall. Er ist kein Mann im Hintergrund, den niemand kennt, sondern arbeitet aktiv und sichtbar im Unternehmen mit.
Herr Aebischer, was gab für Sie den Ausschlag, Geschäftsführer von Fortis zu werden?
Lorenz Aebischer: Fortis ist eine faszinierende Marke, mit hervorragenden Produkten und einer langen, ereignisreichen Geschichte. Gleichzeitig ist Jupp Philipp als neuer Inhaber für Fortis ein Glücksfall. Er ist kein Mann im Hintergrund, den niemand kennt, sondern arbeitet aktiv und sichtbar im Unternehmen mit. Diese Transparenz und Offenheit ist in unserer Branche Gold wert. Uhrenmarken brauchen Identität, Charakter und Gesichter. Das sind Aspekte, die auch für die Händler wichtig sind. Nur wenn sich diese mit einer Marke und den Menschen dahinter identifizieren, florieren auch die Geschäfte.
Welche Märkte stehen im Vordergrund?
Wir konzentrieren uns in der ersten Phase auf Deutschland, Österreich und die Schweiz. Das hat viel mit der behutsamen „Schritt-für-Schritt“-Strategie zu tun, die wir verfolgen. Wir wollen die Marke nachhaltig und mit Bedacht stärken.
Das heisst die Schweiz geniesst Priorität?
Absolut, der Schweizer Markt ist einerseits ein Markt, auf dem Fortis grosse Bekanntheit geniesst, zweitens ist er ein Prestigemarkt, und drittens sind hier die Wege am kürzesten. Eine enge Partnerschaft mit den Juwelieren ist hier am einfachsten, nirgends können wir unsere Händler so schnell besuchen, wie im eigenen Land. Ein Standortvorteil, den wir wahrnehmen wollen.
Welchen Stellenwert messen Sie dem Online-Handel bei?
Am Online-Handel kommt heute niemand mehr vorbei. Man muss sich den Einkaufsgewohnheiten der Kunden anpassen. Sicher ist aber, dass für Fortis der stationäre Vertrieb fundamental bleibt. Gleichzeitig ist klar, dass wir Lösungen in enger Diskussion mit den Händlern suchen werden und den Konzessionären nicht im Weg stehen wollen. Discount-Strategien haben dabei definitiv keinen Platz.