Nachdem die Rollen verteilt worden sind (Gold’Or 9/24), geht es daran, die Funktionen der Mitarbeitenden zu spezialisieren. Diese Spezialisierung ist in kleinen Unternehmen entscheidend, um die Effizienz und Produktivität zu erhöhen.
In kleinen Teams besteht oft die Herausforderung, dass Mitarbeiter verschiedene Aufgaben gleichzeitig übernehmen. Dies führt dazu, dass sie in ihre Rollen nur oberflächlich einsteigen können, um ihre Arbeit zu erledigen. Wer immer wieder zwischen verschiedenen Aufgaben wechseln muss, verliert Zeit und arbeitet ineffizient.
Die Spezialisierung der Rollen hilft, Kompetenzen gezielt einzusetzen, klare Verantwortlichkeiten zu schaffen und letztlich die Gesamtleistung des Teams zu verbessern. Mitarbeiter erhalten erstmals eine Kernaufgabe, auf die sie sich konzentrieren können. Erfolgreich umgesetzt, sinkt die benötigte Zeit für die Ausführung der Arbeiten deutlich. Spezialisierte Rollen ermöglichen es zudem, Fachwissen rund um den Verantwortungsbereich aufzubauen, was zu einer höheren Qualität der Arbeit und zu besseren Ergebnissen führt. Zusammen mit dem sinkenden Aufwand für die gleiche Arbeit sinken auch die Kosten. Weiter minimieren klare Zuständigkeiten Missverständnisse und Konflikte darüber, wer für welche Aufgaben verantwortlich ist.
Dabei kommt den Schnittstellen zwischen Aufgaben eine entscheidende Rolle zu. Eine präzise Abgrenzung der Aufgaben ist ein Muss. Mit einem klaren Rollenportfolio ist es auch einfacher, bei einem Personalausfall neue Personen in die Aufgaben einzuführen. So entsteht Professionalität und Unabhängigkeit vom Inhaber, was zu einer höheren Attraktivität für Inhaber und Käufer führt.
Was gilt es bei der Spezialisierung zu beachten?
Zunächst müssen die bestehenden Aufgaben analysiert werden:
• Welche Aufgaben müssen regelmässig erledigt werden?
• Welche davon erfordern spezialisierte Fähigkeiten?
• Welche Aufgaben verursachen aktuell Überlastung oder Ineffizienz?
In einem zweiten Schritt müssen die Kernkompetenzen identifiziert werden.
• Welche Stärken und Fähigkeiten haben die bestehenden Teammitglieder?
• Gibt es Bereiche, in denen Weiterbildung oder neue Rekrutierung notwendig sind?
Drittens müssen klare Rollen definiert werden:
• Welche Rollen benötigt das Unternehmen, um effizient zu funktionieren?
• Wie können diese Rollen auf die vorhandenen Teammitglieder verteilt werden?
• In welchen Rollen fehlt intern die Kompetenz und muss ausgelagert oder zusätzlich besetzt werden?
Viertens gilt es, Überbelastung zu vermeiden:
• Wie viele Aufgaben kann ein Mitarbeiter realistischerweise übernehmen?
• Gibt es Aufgaben, die delegiert oder automatisiert werden können?
Fünftens müssen die Rollen regelmässig überprüft und angepasst werden:
• Entwickeln sich die Anforderungen der Rollen mit der Zeit weiter?
• Passen die definierten Rollen weiterhin zu den Bedürfnissen des Unternehmens?
Es gilt, eine detaillierte Liste aller Aufgaben zu erstellen und ähnliche Aufgaben zu gruppieren. Zum Beispiel könnten Aufgaben wie Kreditorenverarbeitung, Zahlungen der Lieferantenrechnungen und Kassenkontrolle zur Rolle „Finanzadministration“ gehören, während Kundenanfragen, Reparaturannahmen, Kostenvoranschläge und Reparaturabwicklung zur Rolle „Kundendienst“ passen. Weiter müssen die Aufgaben nach ihrer Wichtigkeit für den Geschäftserfolg priorisiert werden. Am meisten Wertschöpfung liefern dabei der Verkauf, die Bewirtschaftung des Sortiments und der Kundendienst.
Kompetenzen und Interessen evaluieren
Um die Stärken, Interessen und das Entwicklungspotenzial zu verstehen, sollen Gespräche mit den einzelnen Mitarbeitenden geführt werden. Es geht darum, dass die Persönlichkeitsmerkmale für die ideale Rollenbesetzung zu entdecken. Es ist auch wichtig zu wissen, welche Eigenschaften in einem Team fehlen. In einem nächsten Schritt können die Rollen so angepasst werden, dass sie den Eignungen und Neigungen der Teammitglieder entsprechen. Eine Person mit aktivem, extrovertiertem Sozialverhalten und gutem gesellschaftlichem Umgang ist idealerweise im Verkauf tätig. Ausgeglichene und emotional robuste Mitarbeitende können ihre Stärken im Kundendienst ausleben.
Weiter wird jede Rolle mit ihren spezifischen Aufgaben und Verantwortlichkeiten beschrieben. Beispielsweise gehört zur Rolle der Auftragsabwicklung die Annahme von Bestellungen aus Verkauf, Kundendienst und Einkauf. Diese werden verschickt, überwacht, beim Lieferanten nachgefasst und am Schluss wieder für den internen Auftraggeber bereitgestellt. Sind die Rollen definiert, müssen sie klar an das Team kommuniziert werden, damit jeder weiss, wer wofür zuständig ist.
Delegieren und Übergeben
Wenn der Inhaber aktuell viele Aufgaben übernimmt, sollten diese schrittweise und systematisch an die passenden Rollen übertragen werden. Beispielsweise könnte der Inhaber die Nachbestellung von Produkten, die immer am Lager gehalten werden müssen, an die Person übertragen, die sich um die Auftragsabwicklung kümmert. Für diese Übergabe muss ein Plan erstellt werden, der auch die Schulung und Unterstützung in dieser neuen Rolle einschliesst. Dank gezielter Trainings und Weiterbildungen lassen sich sowohl Fachkenntnisse als auch spezifische Fähigkeiten wie Kommunikation, technische Kompetenz oder auch Zeitmanagement verbessern.
Mit klaren Rollen kann sich der Inhaber stärker auf das Wachstum des Unternehmens konzentrieren, während die operativen Aufgaben auf das Team verteilt sind.
Nach der Rollenverteilung sollte regelmässig überprüft werden, ob diese effektiv ist und ob Mitarbeitende mit ihren Aufgaben zurechtkommen. Eine mögliche Hürde ist die Überlastung einzelner Mitarbeiter. In diesem Fall müssen Aufgaben priorisiert und realistische Arbeitslasten definiert werden. Um möglichem Widerstand gegen die Veränderungen entgegenzuwirken, sollten die Teammitglieder aktiv in den Prozess einbezogen und die Vorteile klar kommuniziert werden.
Inhaber arbeitet strategisch
Mit klaren Rollen kann sich der Inhaber stärker auf das Wachstum des Unternehmens konzentrieren, während die operativen Aufgaben auf das Team verteilt sind. Finanz- und Personaladministration sowie andere unterstützende Aufgaben sollen ausgelagert werden.
Grundsätzlich gilt, dass der Inhaber am Unternehmen und an den Abläufen arbeitet, während die Teammitglieder im Unternehmen und in den Abläufen tätig sind. Solange das Unternehmen klein ist, liegt die Aufgabe, die Prozesse zu verbessern, beim Unternehmer. Die Spezialisierung der Rollen ist somit ein entscheidender Schritt, um eine kleine Organisation effizienter, unabhängiger und widerstandsfähiger zu machen. Für den Inhaber bedeutet dies mehr Freiheit, strategisch zu arbeiten, während das Unternehmen gut aufgestellt ist – sei es für angestrebtes Wachstum oder vielleicht sogar für den möglichen Verkauf.
David Gygax