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Langsame Erholung der Schweizer Uhren- und Schmuckverkäufe

Die Umsätze im Uhren- und Schmuckdetailhandel erholten sich zwischen von 2019 bis 2022 nur zögerlich. Das Jahr 2022 lieferte jedoch einen Rekordumsatz.

Gemäss der jüngsten Eidgenössischen Mehrwertsteuerstatistik, die im August 2024 veröffentlicht wurde, erzielten die spezialisierten Multimarken- und Monomarken-Boutiquen für Uhren und Schmuck 2022 einen Gesamtumsatz von 3,801 Milliarden Franken (inkl. Export und Online-Verkäufe). Dies ist zwar ein Rekordwert und auch eine starke Erholung gegenüber 2021 (+28%), gleichzeitig aber ein Anstieg von lediglich 6,6 Prozent gegenüber dem Jahr 2019, sprich dem Zustand vor der Pandemie. Das im Jahr 2022 erzielte Umsatzniveau entsprach damit gleichzeitig etwa den Ergebnissen von 2014 (3,65 Mrd. CHF) und 2019 (3,58 Mrd. CHF).

Die Schweiz erlebte also nicht den markanten Aufschwung, der in anderen Ländern im Zeitraum 2019 bis 2022 zu beobachten war ­– USA (+29%), China (+16%), Japan (+17%), Singapur (+24%), Deutschland (+27%) und Frankreich (+21%) – und der sich durch die Kompensations-Ausgaben der Kunden nach der Krise erklärte. Zusammen mit dem Vereinigten Königreich (+8,0%) blieb die Schweiz mit 6,6 Prozent hinter vielen Märkten zurück. Folglich sank auch der Anteil des Uhren- und Schmuckeinzelhandels am gesamten Schweizer Detailhandelsumsatz. Nach einem Höchststand, mit einem Anteil von 3,3 Prozent am gesamten Detailhandelsumsatz (ohne Motorfahrzeuge) im Jahr 2019, machte er im Jahr 2022 noch 2,4 Prozent aus.

Umsatzrückgang mit Touristen im Jahr 2022

Die wichtigste Erklärung ist, dass sich der während der Pandemie eingetretene massive Rückgang der Tourismus-Umsätze bis 2022 noch nicht erholt hat. Von 2012 bis 2019 übertrafen die Verkäufe an ausländische Touristen die inländischen Verkäufe jeweils und erreichten in den Jahren 2017 und 2018 einen Spitzenwert von 56 Prozent am Gesamtumsatz. Da sich diese Daten nur auf Verkäufe an Kunden beziehen, die die Schweizer Mehrwertsteuer zurückforderten und Verkäufe an Touristen, die diese nicht zurückforderten, nicht berücksichtigen, war die tatsächliche Zahl sicher noch höher. Dieser Trend wurde durch die Pandemie und die Einstellung des internationalen Reiseverkehrs gestoppt, worauf nur eine allmähliche Erholung folgte. Im Jahr 2022 machten die Verkäufe von Kunden, die die Schweizer Mehrwertsteuer zurückforderten, nur 24 Prozent des Gesamtumsatzes aus.

Mehr Geschäfte mit besserer Produktivität als 2019

Die Bundesverwaltung verzeichnete Ende 2022 insgesamt 1485 Uhren- und Schmuckhändler in der Schweiz, gegenüber 1443 im Jahr 2019 und 1433 im Jahr 2020 während der Pandemie. Während also einige Einzelhändler ihre Tätigkeit eingestellt haben, ist die Zahl der Einzelhändler gegenüber 2019 insgesamt um 42 gestiegen. Einige Schweizer Kantone verzeichneten Zuwächse von 12 bis 15 Ladengeschäften (VD, VS, TI, AG), während in anderen Kantonen Läden verschwanden, so etwa im Kanton Bern, der elf Geschäfte verlor. Der Kanton Zürich behauptete seine führende Position mit 242 Geschäften, gefolgt von Genf mit 198 Geschäften. Obwohl es nicht möglich ist, die Geschäftszahlen aller Betriebe zu kennen, hat sich die Produktivität der Uhren- und Schmuckgeschäfte zweifellos verbessert: Der Umsatz pro Mitarbeiter (Vollzeitäquivalent) ist zwischen 2019 und 2022 um acht Prozent von 675’000 auf 728’000 Franken gestiegen, trotz einer ähnlichen Anzahl der Vollzeitäquivalente (5224).

Verlagerung zu höherwertigem Angebot

Insgesamt ist trotz der schwierigen Bedingungen der letzten Jahre eine spürbare Aufwertung des Angebots festzustellen: Von 2019 bis 2022 ist der mittlere Umsatz der in der Schweiz registrierten steuerpflichtigen Unternehmen in der Kategorie „Einzelhandel mit Uhren und Schmuck in Fachgeschäften“ um elf Prozent gestiegen, wobei die Hälfte der Unternehmen einen Umsatz von über 326’000 Franken und die andere Hälfte unter 326’000 Franken meldete. 2019 hatte der Medianwert bei 295’000 Franken gelegen.

Gemäss der Eidgenössischen Mehrwertsteuerstatistik erzielten von den 958 im Jahr 2022 registrierten Unternehmen 26 Prozent einen Umsatz von mehr als einer Million Schweizer Franken pro Jahr, was gegenüber 2020 (22%) und 2019 (24%) eine Zunahme bedeutet. 17 Unternehmen meldeten 2022 einen Umsatz von mehr als 40 Millionen Franken, davon eines über 250 Millionen (sicher Bucherer). Im Jahr 2019 waren es nur elf, darunter drei mit einem Umsatz von mehr als 250 Millionen Schweizer Franken. Im Jahr 2022 machen die Unternehmen mit einem Umsatz von über 40 Millionen Franken zwei Prozent aller Einzelhändler aus und tragen 64 Prozent zum gesamten Detailhandelsumsatz (von 3,801 Mia CHF) bei – ein ähnlicher Marktanteil wie 2019, obwohl sechs neue Unternehmen zu dieser Gruppe hinzugekommen sind.

Auch wenn sie nicht alle ihre Umsätze veröffentlichen, gehören 2022 Unternehmen wie Bucherer (auch mit Monomarken-Boutiquen), Kirchhofer (ebenfalls mit Monomarken-Boutiquen), Richemont (mit den selbst betriebenen Boutiquen), Gübelin, Les Ambassadeurs, IGS (Kurz- und Carat-Filialen) und Christ zu den Top 10 des Uhren- und Schmuck-Detailhandels. Christ, die zur Coop-Gruppe gehört, meldete für 2022 einen Umsatz von 81 Millionen Franken und lag damit auf Platz 5, bei einer Umsatzsteigerung von 2,6 Prozent gegenüber dem Vorpandemie-Jahr 2019.

Ein wichtiger Aspekt zum Schweizer Uhren- und Schmuck-Detailhandel wird in der Mehrwertsteuer-Statistik jedoch nicht erfasst: die sich verändernde Einzel- und Grosshandelsstruktur des Schweizer Vertriebs. Der internationale Trend zur Eröffnung von Monomarken-Boutiquen, die entweder von den Marken selbst oder von anderen Einzelhändlern betrieben werden, etwa von Bucherer oder Kirchhofer, hat sich in den letzten Jahren auch in der Schweiz fortgesetzt. Wobei es dazu keine Informationen gibt, die den Stand der Dinge in diesem Bereich vollständig klären.

Thierry Huron
The Mercury Project / mercuryproject.ch

Titelbild: Die Entwicklung der Umsätze im Schweizer Uhren- und Schmuckdetailhandel (inkl. Online) von 2014 bis 2022 (Zahlen Eidg. MwSt.  Statistik). Grafik: The Mercury Project

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