Der Ursprung unseres Wassers wird seit Langem kontrovers diskutiert. Als wahrscheinlichstes Szenario galt bisher, dass die Erde ursprünglich ein trockener, im heissen inneren Teil des Sonnensystems entstandener Planet war. Nachträglich wurde sie aber mit wasserreichen Meteoriten bombardiert.
Bisher wurde angenommen, dass unser Planet vor allem mit kohligen Chondriten bombardiert wurde, die aus dem äusseren, kalten Bereich des Sonnensystems stammten, wo Wassereis häufig vorkommt. Nun geht aus neuen Untersuchungen hervor, dass Enstatit-Chondrite, das heisst Meteoriten, die das Enstatit genannte, eisenhaltige Magnesiumsilicat enthalten, unerwartet viel Wasser führen, obwohl sie wie die Erde aus dem inneren Teil des Sonnensystems stammen. Die Isotopenzusammensetzung dieser Meteoriten stimmt mit derjenigen des Erdmantels gut überein. Falls der Erdmantel aus enstatithaltigem Material entstand, erhielt die Erde genügend Wasser um die Weltmeere mindestens 3 bis 4,5 mal zu füllen. Das sind enorme Mengen, wenn man bedenkt, dass unsere Ozeane allein gut 1,3 Milliarden Kubikkilometer Wasser enthalten.
Die Erde wird auch als Wasserplanet bezeichnet, bedecken doch die Ozeane rund 70 Prozent ihrer Oberfläche. Weiteres Wasser ist in Form von Eis vor allem auf Grönland, den Inseln der Arktis und dem Antarktischen Kontinent gespeichert. Das Vorhandensein von so grossen Mengen Wasser auf unserem Planeten ist keine Selbstverständlichkeit. Die Erde gehört wie Merkur, Venus und Mars zu den inneren, sonnennahen Planeten, bei welchen die Temperatur während ihrer Kondensation aus dem solaren Urnebel vor 4,54 Milliarden Jahren so hoch war, dass Wasser in Form von Wasserdampf vorlag, von dem nur geringe Mengen aufgenommen werden konnten. Man nahm darum an, dass unser Planet in den frühen Phasen seiner Geschichte von stark wasserhaltigen Kollisionsfragmenten von Asteroiden mit der Zusammensetzung der kohligen Chondriten bombardiert wurde; sie enthalten 7,2 bis 9,1 Gewichtsprozent Wasser. Bei den äusseren Planeten hingegen war aufgrund ihrer Entfernung von der Sonne die Temperatur viel tiefer. So konnten insbesondere die Riesenplaneten Jupiter und Saturn grosse Mengen Wasser in Form von Eis aufnehmen.
Unerwarteter Wassergehalt
Der Grund für dieses Bombardement könnte eine Bahnänderung des Jupiters gewesen sein, die Asteroide zur Kollision brachte. Dabei mussten zahlreiche Trümmer entstehen, die zum Teil die Erde trafen. Allerdings stimmt die Isotopenzusammensetzung des irdischen Krustengesteins nicht mit derjenigen der kohligen Chondrite überein. Eine viel bessere Übereinstimmung ergibt sich bei der Annahme, dass die Erde vorwiegend aus Material auskondensierte, das chemisch den Enstatit-Chondriten entspricht und aus dem inneren Teil des Sonnensystems stammt.
Zur Stützung dieser Hypothese massen Wissenschafter der Université de Lorraine und an der Washington University in St. Louis (Missouri, USA) den Wassergehalt von 13 verschiedenen Enstatit-Chondriten, das Verhältnis des Deuteriums zum Wasserstoff (D/H) und die Konzentration der Stickstoffisotope. Der Wassergehalt dieser Meteoriten lag zwischen 0,08 und 0,54 Gewichtsprozent. Von besonderem Interesse war bei diesen Messungen ein in der Wüste Sahara gefundener Meteorit, dessen innerer Teil sicher kein atmosphärisches Wasser aufnahm; er enthielt 0,5 Prozent Wasser. Daraus wurde geschlossen, dass die Erde im Gegensatz zur bisherigen Meinung ihr Wasser bereits bei der Kondensation aus dem solaren Urnebel im inneren Teil des Sonnensystems erhielt und nicht erst nachträglich aus den äusseren, kalten Bereichen. Dies schliesst den Wassergehalt des oberen Mantels ein, der auf 0,1 bis 0,2 Prozent geschätzt wird.
Isotopen-Anomalien
In Bezug auf die Isotopenzusammensetzung besteht wie bereits erwähnt zwischen den Enstatit-Chondriten und dem Erdmantel eine gute Übereinstimmung. Beim Wasser jedoch ist dies nicht der Fall, enthält doch das Meerwasser zwei- bis dreimal mehr Deuterium sowie 5 bis 40 Prozent mehr des Isotops Stickstoff-15, als das Wasser in den Enstatit-Chondriten. Im Prinzip könnte diese Anreicherung durch das Entweichen der leichteren Isotope in den Weltraum erklärt werden. Dagegen spricht jedoch der Vergleich mit den leichten Edelgasen Neon und Argon. Die Unterschiede bei der Häufigkeit und der Isotopenzusammensetzung dieser Elemente im Erdmantel und in der Atmosphäre lassen sich danach nicht mit selektivem Abdriften in den interplanetaren Raum deuten.
Wahrscheinlicher ist es, dass im Erdmantel noch die Verhältnisse des solaren Urnebels herrschen, während an der Oberfläche eine vom Bombardement mit kohligen Chondriten herrührendes, niedriges Verhältnis der Neonisotope 20Ne/22Ne nachweisbar ist. Damit liessen sich auch die Unterschiede beim Deuterium und dem Stickstoff-15 erklären. Diese Änderungen mussten in einer späten Phase der Erdentstehung stattgefunden haben, sodass eine Homogenisierung zwischen dem Mantel und der Erdoberfläche nicht mehr möglich war.