Schon als Kind wusste Janine Heinzer, dass sie einmal einen kreativen Beruf erlernen und mit den Händen arbeiten will. Dank Hartnäckigkeit und starkem Willen gelang es ihr, diesen Traum zu verwirklichen. Im eigenen Atelier in Luzern bietet sie ihren Branchenkollegen heute Handgravuren an.
Dass Janine Heinzer ihren Beruf über alles liebt, wird schon zu Beginn unseres Treffens deutlich. In ihren Notizen für das Interview in der Gold’Or finden sich ausschliesslich schöne Zeilen für ihren Beruf: „Handgravur macht das Schmuckstück lebendig und einzigartig“, „ich bin dankbar, dass ich dieses traditionelle Handwerk noch lernen durfte“ oder „mich fasziniert die Möglichkeit, mit Winkeltiefen das Gravurbild zu verändern“, sind nur einige davon.
Janine Heinzer wuchs in Altdorf im Kanton Uri auf. Sie wusste schon als Kind, dass sie einmal mit den Händen und nicht am PC arbeiten will. Mit klaren Vorstellungen ging sie in die Berufsberatung. „Die Beraterin sagte mir, dass es das, was ich mir vorstelle, gar nicht gebe. Zu Hause recherchierte ich im Internet, fand die Firma Gravura Kunstpräge, die damals in Horw angesiedelt war und rief den Chef an.“ Mit Erfolg: 2004 trat sie ihre vierjährige Lehre an, für die sie jeden Tag dreieinhalb Stunden Arbeitsweg auf sich nahm. „Bei Gravura habe ich viel mit Messing- und Gipsmodellen gearbeitet, um Prägewerkzeuge für Medaillen, Münzen und Fasnachtsplaketten herzustellen. Dank meines Lehrmeisters aus Deutschland konnte ich die Fachrichtung Reliefgravuren vertiefen“, sagt Heinzer.
Mentor in Bern
Nach dem Abschluss ihrer Lehre arbeitete Heinzer weitere zweieinhalb Jahre bei Gravura am neuen Firmenstandort in Rothenburg. „Während auch dort die Technologien in der täglichen Arbeit Einzug halten und vieles heute maschinell gefertigt wird, ist meine Liebe zur Handarbeit gewachsen.“ Um mehr zu lernen, meldete sich Heinzer bei Schweizer Handgraveuren. Nach vielen Absagen erklärte sich Peter Aebi in Bern, mittlerweile 79 Jahre alt und immer noch in seinem Beruf tätig bereit, die junge Frau einen Tag pro Woche im traditionsreichen Handwerk weiterzubilden. Heinzer reduzierte ihr Arbeitspensum auf 50 Prozent und nutzte die restlichen Tage, um zuhause zu üben.
Im Jahr 2013 begann sie bei Bucherer als Graveurin. Einen Schockmoment erlebte sie vor drei Jahren, als sie aufgrund eines Karpaltunnelsyndroms ihr Handgelenk operieren musste. „Als ich nicht mehr arbeiten konnte, wurde mir bewusst, dass ich meinen Traumberuf gefunden habe und wirklich nichts Anderes machen möchte.“ Während der Genesung keimte in ihr die Idee auf, voll und ganz auf die mittlerweile erlangten Fähigkeiten zu setzen und sich als Handgraveurin selbständig zu machen.
„Ich bin selbständig und habe mit dem Team von Goldschmied Stutz dennoch ein Arbeitsumfeld, mit dem ich mich austauschen kann.“
Atelier in Luzern
Im Mai 2019 gründete Janine Heinzer die Firma Gravurwerk. Sie ist seither noch Teilzeit bei Bucherer tätig, ab Dezember wird sie ausschliesslich im eigenen Atelier arbeiten, mit dem sie in der Schmuckmacherei von Philippe Stutz in der Luzerner Altstadt eingemietet ist. Für die Innerschweizerin ist das die ideale Lösung: „Ich bin selbständig und habe mit dem Team von Goldschmied Stutz dennoch ein Arbeitsumfeld, mit dem ich mich austauschen kann.“ Der Start mit dem eigenen Geschäft sei gelungen und die Nachfrage nach hochwertigen Handgravuren sei bei den Goldschmieden durchaus da, so Heinzer.
An Heinzers Arbeitsplatz ist klar zu erkennen, dass hier jemand mit den Händen arbeitet: Maschinen sucht man rund um die Werkbank vergebens, dafür gibt es ein Binokular, eine Gravierkugel sowie Stichel, Punzen und Ziselierhammer. „Ich arbeite wirklich traditionell. Ich habe nicht viel neues Werkzeug angeschafft, sondern das Wichtigste von meinen Lehrmeistern erhalten“, so die 31-Jährige schmunzelnd. „Es ist mir wichtig, dieses wunderschöne Handwerk am Leben zu erhalten und mich stetig weiterzuentwickeln.“